Was kommt nach dem Homeoffice?

Und plötzlich waren alle online

Seit 6 Monaten ist Deutschland nun endlich online. Zumindest sind jetzt auch die Online, die sich dem zuvor noch relativ erfolgreich verweigert haben. Die andern waren es schon vorher. Doch das hat nicht jeder mitbekommen.

In einem meiner ersten Meetings, das Corona bedingt in den virtuellen Raum verlagert worden war, saßen auf Kundenseite fünf Führungskräfte gemeinsam vor einem iPad. Das läuft mittlerweile deutlich anders; man hat technisch aufgerüstet und sich an das Format Webkonferenz gewöhnt. Auch so manches Homeoffice ist heute deutlich besser ausgestattet. Kameras zeigen seltener an die Decke, Köpfe sind nicht mehr halb abgeschnitten und Störungen weniger störend.

Mit der Normalität des Homeoffice haben sich Grenzen verschoben. Die Förmlichkeit ist ein Stück in den Hintergrund getreten und am anderen Ende der Kamera sehen wir teils ungewohnte Bilder von den Menschen, die wir doch eigentlich schon kannten. Das hat den einen oder anderen von uns verändert und es hat vor allem den Umgangsstil verändert.

Die Prioritäten ändern sich

Nach dem ersten Corona Schock begann im März 2020 vieles mit Euphorie. Die virtuellen Onlineangebote schossen nur so aus dem Boden. Es wurden virtuelle Weinproben, remote Kaffeepausen, gemeinsame online Kochevents und vieles mehr veranstaltet. Onlineseminare zum Thema Online waren voll und lokale Meetups wurden virtuell. Heute höre ich immer häufiger, dass immer weniger an den geselligen Runden teilnehmen – ja, dass die ersten Runden bereits wieder auseinanderfallen.

Die Prioritäten haben sich verschoben und viele Menschen sind inzwischen online satt. In etablierten Gruppen, deren Treffen ins Netzt verlagert wurde, treffe ich oft auf neue Gesichter. Die alten Bekannten treffe ich dort nur noch selten. Gerade habe ich wieder an einem bislang stark frequentierten Barcamp teilgenommen. Von 50 angemeldeten Teilnehmern waren dann nur 20 wirklich online dabei. Schade für die Veranstalter, die eine super Vorbereitung hingelegt hatten.

Zurück ins Büro?

Was kommt nach dem Homeoffice?

Gegenwärtig versuchen immer mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter langsam wieder aus dem Homeoffice in die Büros zurück zu holen. Doch das gestaltet sich zum Teil schwierig. Während die einen mit Video Konferenzen übersättigt sind und sich nach ihren Kollegen sehnen, wollen die anderen nicht wieder an ihren alten Schreibtisch zurück. Das, was ich aktuell von Kundenseite höre, liefert ein durchwachsenes Bild.

Eines ist klar: die Teams werden nicht einfach aus dem Homeoffice zurückkehren und alles ist wie zuvor. Erwartungshaltungen und Anspruchshaltungen haben sich aufgrund der neuen Erfahrungen verändert. Damit aus den Teams wieder echte Teams werden, braucht es ein neues „Aushandeln“ der Teamstrukturen und der Zusammenarbeit. Hier sind die Unternehmen gut beraten, ihren Mitarbeitern Zeit und Raum für diesen Prozess zu geben.

Vermutlich wird es am Ende deutlich heterogenere Lösungen geben als vor Corona. Einiges davon wird die Führung aushalten müssen, wenn sie ihre guten Leute nicht verlieren möchte. Teilweise wird Führung auch intervenieren müssen, wenn Vorstellungen zu sehr die Bodenhaftung vermissen lassen oder einfach nicht mit dem Geschäftsbetrieb vereinbar sind. Hier sind Fingerspitzengefühl und soziale Kompetenz gefragt.

Und jetzt?

In den letzten Jahren wurde viel von VUKA geredet. Heute stecken wir mitten drinnen. Die Arbeitswelt wird sich durch die Erfahrungen der letzten Monate verändern. Wie genau die neue Normalität aussehen wird, weiß noch niemand. Aktuell befinden wir uns in einem Experiment im komplexen Raum.

Führung wird sich teilweise neu definieren müssen, denn ein „weiter so“ wird nicht funktionieren. Dazu ist zu viel passiert und dazu haben die Menschen zu unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Die Kunst der Führung wird es sein, die richtige Balance zwischen Raum geben, Orientierung ermöglichen und Geschäft sichern zu finden.

Eines ist klar: Die Vielfalt wird größer während die verlässlichen Selbstverständlichkeiten weniger werden.

Punkte, die ein Team mit Blick auf die letzten Monate klären sollte:

  • Was war gut und hilfreich? Was hat mir gefehlt?
  • Was habe ich gewonnen, was ich nicht wieder hergeben will?
  • Was haben wir als Team gewonnen?
  • Was haben wir über uns und unsere Zusammenarbeit gelernt?
  • Was wollen / sollten wir unbedingt beibehalten?
  • Wie hat in den letzten Monaten Führung funktioniert?
  • Wie stellen wir uns zukünftig Führung vor und wie stellen wir notwendige Führung sicher?
  • Welche Erwartungen habe ich an das Team und was kann das Team zukünftig von mir erwarten?
  • Wo brauchen wir neue Vereinbarungen und Regeln?